Ich begleitete eine Frau in ihrer Trauer: Sie hat ihren Mann tot in der Dusche gefunden und fiel in ein tiefes Loch. Hinzu kam noch die Sorge um ihre erkrankte Tochter, die bereits zweimal einen längeren Aufenthalt in einer Psychiatrie hatte – ausgelöst durch eine Wochenbett-Depression.

Sie begab sich in eine Therapie, merkte aber, dass eine nur medikamentöse Behandlung ihr nicht wirklich half, über den Verlust hinwegzukommen.

Als ich sie zum ersten Mal zum Trauerspaziergang traf, wirkte sie auf mich sehr niedergeschlagen, aber nicht hoffnungslos. Sie erzählte mir ihre Lebensgeschichte, die durch Verluste (früher Tod des Vaters und Bruders), durch den Umzug vom Haus in eine kleine Wohnung, durch Armut und harte Arbeit geprägt war. Ihr Mann, den sie im Alter von 21 Jahren heiratete, war ein Glücksgriff. Sie bauten sich ein Haus, zur Finanzierung desselben zog ihre Mutter mit ein. Sie passte auf ihre beiden Kinder auf, sodass sie weiter arbeiten konnte.

Ihre Kinder unterstützten sie finanziell sehr – besonders die erkrankte Tochter. „Der A. wollte nie so viel haben, aber unsere J. nahm alles!“

Am Ende des Spaziergangs stellte sich heraus, dass sie auf andere Leute neidisch war und ist, denen es besser geht. Die Frage, was sie damit meint, konnte sie nicht beantworten.

 

Beim zweiten Treffen gab ich ihr zum Schluss die oben genannte Novene mit dem Hinweis, diese doch zu beten, um manche Erlebnisse aus einer anderen Sichtweise zu sehen. Beim dritten Treffen sagte sie mir, dass sie am Abend ein paar Seiten gelesen hat. Das Gebet „Ich weiß, dass du mein Vater bist …“ gefiel ihr besonders gut.

Für mich interessant war, dass mit den zunehmenden Treffen ihre Niedergeschlagenheit abnahm, bis sie dann tatsächlich – es war Anfang Dezember – den Blick wieder nach vorne richten konnte mit konkreten Dingen: „Heuer wird wieder ein Weihnachtsbaum und die Krippe aufgestellt! Das habe ich jetzt zwei Jahre nicht gemacht, jetzt freu ich mich wieder auf Weihnachten!“

Sie erzählte mir, dass ihr das Lesen in der Novene guttut – immer wieder las sie wohl und berichtete, dass neues Leben in sie kehrt. „Ich weiß nicht, was das Lesen des Büchleins in mir ausgelöst hat. Es tut mir richtig gut!

Am Anfang des Jahres entschloss sie sich, in eine Kur zu fahren und hat diese beantragt.

Wir treffen uns jetzt in unregelmäßigen Abständen, und sie schwärmt immer noch von der Wirkkraft des „Büchleins“. (E.N.)